Ein mächtiger Metallkoloss, groß wie ein Haus - In einem solchen Industrieofen wird Metall erhitzt, um dessen Festigkeit zu erhöhen oder Spannungen im Bauteil zu reduzieren. Man kann durch eine gezielte Wärmebehandlung das Metall auf bestimmte Werkstoffeigenschaften wie Verschleiß, Zugfestigkeit, Zähigkeit und Härte trimmen. Bis das Metall aber die gewünschten Eigenschaften besitzt, sind viele Schritte notwendig, in denen es in strengen Zeitabläufen auf fest definierte Temperaturen erhitzt und abgekühlt wird.
Und hier kommt der Ingenieur Tariq Zenaidi ins Spiel.
Tariq hat einen Bachelor und zwei Master, er ist Techniker und IT-Profi und ist doch erst 32 Jahre jung – aber der Reihe nach. Nahe der algerischen Hauptstadt Algier liegt der Ort Boufarik, in dem Tariq Zenaidi aufwuchs, zur Schule ging und sein algerisches Abitur machte: das Baccalauréat. Und es war der Ort, an dem er an Mofas schraubte, mit elektrischen Modellautos spielte und bereits im Computerkurs an der Schule in der Programmiersprache C programmierte. Der grobe Berufsweg war ihm daher schon früh klar: Die Wahl im Detail fiel auf das Studienfach Mikroelektronik. Nie zuvor hatte er Schwierigkeiten mit Mathe und Physik und so war auch das Studium für ihn ein unproblematischer Selbstläufer. „Am Ende des Studiums habe ich bereits einen Sprachkurs gemacht, weil ich wusste, dass ich nach Deutschland will. Denn Deutschland ist bekannt für Elektrotechnik und Maschinenbau. Das wollte ich machen.“
„Zum Teil wiegen die erhitzten Metalle 20 Tonnen und mehr und müssen im richtigen Moment beispielsweise abgekühlt werden.“
Also schloss er das Studium in Algerien ab, reiste nach Deutschland, besuchte einen weiteren Sprachkurs und schloss nach einem Jahr Lernen und Jobben mit dem Sprachniveau C1 ab, das deutschlandweit in vielen Berufen als Einstiegsvoraussetzung gilt. Danach schrieb er sich erneut für ein Studium ein. Dieses Mal für seinen zweiten Master in Elektrotechnik mit der Vertiefung der Automatisierungstechnik an der Westfälischen Hochschule Gelsenkirchen. Wie in seiner Heimat war das Studium problemlos, die Sprachkompetenz wuchs und das erste Praktikum führte ihn zum Industrieofenproduzenten SCHLAGER im nordrhein-westfälischen Hagen. Zwei Jahre später ist er als fertig studierter Elektroingenieur weiterhin dort und programmiert unter anderem wichtige Bauteile für mächtige Maschinen. „In der Wärmebehandlungslinie gibt es mehrere Öfen und Abschreckbecken. Zum Teil wiegen die erhitzten Metalle 20 Tonnen und mehr und müssen im richtigen Moment beispielsweise abgekühlt werden. Dafür gibt es Roboter, sogenannte Manipulatoren, die den Prozess durchführen.“ Und diese Manipulatoren programmiert Tariq heute.
Zurzeit nimmt er eine riesige Anlage in China in Betrieb – aus der Ferne. Während Kollegen aus Hagen in Asien sind, begleitet, programmiert und steuert er seine Aufgabe in dieser komplexen Arbeitsteilung von Deutschland aus. „Noch war ich nicht in China, aber vielleicht fliege ich dieses Jahr dorthin, das wäre schon toll“, sagt er und tippt die nächste Programmierzeile in den Rechner. Währenddessen dröhnt lautes Gehämmer aus der Werkshalle, in der ein ganzes SCHLAGER-Team bereits den nächsten Ofen baut. Das Unternehmen stellt verschiedene Anlagen her, weil jede Industrie andere Anforderungen an die Wärmebehandlung hat. Also steht Tariq auf, läuft durch die Flure, ein paar Treppen herunter und steht vor einem mächtigen Schrank mit hunderten Kästchen und Kabeln – dem Schaltschrank des zukünftigen Ofens. Darin befindet sich auch die speicherprogrammierbare Steuerung SPS, und genau die programmiert er – für jede Anwendung neu.
SCHLAGER gilt als einer der führenden Hersteller von Industrieöfen weltweit, dementsprechend gut ist die Auftragslage. Dabei sind in Hagen gerade mal 40 Personen beschäftigt. Ein Weltkonzern bemisst sich in anderen Dimensionen, aber ein Hidden Champion braucht keine Masse, um besonders zu sein. Und Tariq? Die offizielle Amtssprache in seinem Mutterland ist arabisch, an der Uni hat er französisch gesprochen. Dazu kamen Englisch und nun noch Deutsch. Für einen international aufgestellten Produzenten ist seine doppelte Ingenieurskompetenz wertvoll, die Vielsprachigkeit ein echtes Add on, und dass er bis heute die Technologien mit einer spielerischen Freude durchdringt, pures Unternehmerglück.
Die Ingenieurnachwuchs-Initiative des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall.
Seit 1998 widmet sie sich bereits den Themen Ingenieurwesen und MINT (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik). Ihr Ziel ist es, junge Menschen schon frühzeitig für den Ingenieursberuf sowie Naturwissenschaften und Technik zu begeistern.
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